HUCHEN

Traum und Wirklichkeit

Traum


Wie hat das eigentlich angefangen?! - Nun, ich glaube, jeder Angler träumt, sobald er die ersten meist bescheidenen Erfolge am Fischwasser erzielt hat, von den ganz großen Fischen und Fängen.

So war das auch bei mir, besonders nachdem mir schon nach kurzer Zeit meiner Angeltätigkeit der Fang eines fast kapitalen Hechtes gelungen war. Im Mittelpunkt meiner Träume stand aber nicht etwa ein weiterer, noch größerer Esox, ein Riesenkarpfen oder Monster-Waller sondern eigentlich  von Anfang an der Huchen. Und das hat verschiedene Gründe. Zum einen faszinierten mich die bebilderten Berichte in den Angelzeitschriften, so wie z.B. der vom Fang eines wahrhaft kapitalen Exemplars von 29 kg Gewicht und 133 cm Länge durch den österreichischen Meisterangler
Uranitsch aus der Drau. Aufregend für mich war dabei noch die Tatsache, dass wir ja jedes Jahr nur wenige Kilometer von diesem Top-Huchen-Gewässer entfernt unseren Sommerurlaub verbrachten, so dass mir meine Spaziergänge entlang jenes Flussabschnittes bei dem Gedanken daran, welch urige Wesen sich da in seinen Fluten tummelten, schon einiges Herzklopfen bereiteten. Ihnen selbst mit der Angel nachzustellen, das konnte ich mir damals noch in keinster Weise vorstellen. Zum einen fühlte ich mich dazu weder von meinem angeltechnischen Können her in der Lage, noch sah ich irgendeine Möglichkeit, eine Fischereierlaubnis an dieser von mehreren Fischereiaufsehern so gut gehüteten Privatstrecke zu erlangen. Was blieb, war der Traum, die Hoffnung, irgendwann später einmal irgendwo selbst auf Huchenpirsch gehen zu können.

Zu Hause fiel mir das bereits vor dem 2. Weltkrieg geschriebene Buch von Heinz Eisgruber - bekannt als Heinz von der Achen - „Räuber Hucho“ in die Hände. Es schildert sehr eindrucksvoll und anschaulich die Lebensgeschichte eines solchen Raubfisches und bietet darüber hinaus noch reichliche Informationen über das sonstige, vielfältige Tier- und Pflanzenleben eines intakten Gebirgsflusses. Seiner spannenden Lektüre konnte ich mich ebenso wenig entziehen wie seinen gelungenen, den Text illustrierenden Federzeichnungen. Auch diesem Buch gebührt ein nicht unbedeutender Anteil an meinem immer stärker werdenden Interesse an hucho hucho.



Natürlich befriedigte dieses eine Buch meinen Hunger nach Huchen-Informationen nicht, und  ich machte mich von da an auf die Suche nach weiterer Literatur über den von mir erkorenen Zielfisch. Viel war leider in den folgenden Jahren nicht zu finden, aber immerhin hat Alexander Harsányi 1982 mit „Der Huchen“ ein umfassend informierendes und wissenschaftlich dokumentiertes Buch veröffentlicht, das auch heute noch als das Standardwerk über den „Donaulachs“ gelten dürfte.

Für den Huchenangler interessant und lehrreich zu lesen, ist auch das, was Rainer J. Bouterwek in seinem Band „Traumangeln auf Königsfische“ im Kapitel „Fischerstapfen im Tiefschnee - Die hohe Waid auf Salmo Hucho“ schreibt.

In jüngerer Zeit wurden die Veröffentlichungen über unseren Räuber durch das ebenfalls empfehlenswerte Buch „Faszination Huchen - Vorkommen - Fang - Anekdoten“ von Wolfgang Hauer bereichert.

Auch der Kroate Antun Mates widmet sich im zweiten Teil seines Werkes „Der verzauberte Angler“ dem Fang und Vorkommen des Huchen.


Was aber macht nun den Huchen zum sogenannten „Königsfisch“? Was begründet seine herausragende Rolle unter den Raubfischen des Süsswassers? - Nun, es ist nicht allein seine Größe, seine muskulöse torpedoförmige Gestalt und das Gewicht, zu dem er abwachsen kann - das haben andere Großsalmoniden auch zu bieten - es ist vielmehr seine Lebensweise und sein Lebensraum. Während alle Lachsarten in mehr oder minder großen Laichzügen die meisten Flüsse der nördlichen Hemisphäre hinauf wandern und in deren Ruhepools zu bestimmten Zeiten mit Sicherheit anzutreffen sind, bevölkert der europäische Huchen lediglich die Flüsse des Donauraumes, in denen er in tiefen Gumpen, Rinnen und Zügen lebt. Oft sind seine Unterwasserburgen so versteckt und unzugänglich gelegen, dass er seine Existenz nur durch gelegentliches Rauben außerhalb davon verrät.


Einen Lachs während eines Laichzuges an den Haken zu bekommen, ist kein großes Kunststück. Damit verrate ich kein Geheimnis, zumindest nicht für die, die wie ich schon einmal auf Lachs in Alaska oder im Yukon Territorium geangelt haben - Das heißt natürlich nicht, dass man jeden Gehakten dann auch sicher im Kescher unterbringt. Beim atlantischen Lachs, auf den ich noch nicht gefischt habe, mag das ein wenig anders sein und ein noch mehr an Wissen und Können, Geschick und Glück erfordern. Dennoch ist auch er ein Laichwanderer und von daher zum einen leichter auszumachen und zum anderen stets in größeren Stückzahlen vorhanden. Räuber Hucho dagegen führt - von seiner kurzen Laichperiode einmal abgesehen - immer das Leben eines im Verborgenen lebenden Einzelgängers. Wer ihn fangen will, muss deshalb zumindest wissen, wo er steht und wann er raubt. Um das zu erfahren, ist entweder langes persönliches Beobachten oder das Wohlwollen einheimischer Fischer nötig, die bereit sind, ihre Geheimnisse mit einem fremden Angelgast zu teilen und ihm den Fang eines „ihrer“ Huchen auch zu gönnen.


Oft werden kapitale Huchen gerade im Winter gefangen, dann, wenn die Futterfische rar geworden sind und sie deshalb öfter zur Jagd gezwungen sind. Nächtliches Fischen, bei Schneetreiben, entlang gefährlich vereister Uferränder, dazu in unwegsamem Gelände wurde und wird vonseiten der Huchen-Literatur als beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Huchenpirsch gepriesen.

Diese Schwierigkeiten, verbunden mit der Frage, wo und wie denn überhaupt ein lohnendes Huchengewässer für mich erreichbar sei, ließen den Gedanken an ein Huchenangeln in meinem Bewusstsein weit in den Hintergrund treten. Irgendwann, irgendwie und irgendwo, so dachte ich, wenn ich dazu auch noch das dafür nötige Wissen und Geschick erworben hätte, würde sich das alles regeln und einfinden. Und das sollte dann - bei geglücktem Ausgang - das Ende und die Krönung meines Anglerlebens sein.



Wirklichkeit


Heute kann ich auf die Erfahrung aus knapp vierzig Angeljahren zurückblicken und fühle mich ausreichend gewappnet für den Kampf mit dem großen Räuber. Auch das entsprechende Gewässer ist mittlerweile gefunden.
Seit einigen Jahren verbringe ich meine Fliegenfischerferien an der Kupa, dem Grenzfluss zwischen Kroatien und Slowenien, der einen hervorragenden Bestand an prachtvollen Äschen und Bachforellen aufweist. Dass seine tiefen, blaugrünen Fluten auch den von mir so begehrten Huchen beherbergen, zeigten mir erstmals die Fischereibestimmungen des dortigen Angelvereins SRU Goran. Demnach darf in der Zeit vom 1.Oktober bis 15. Februar auf Huchen gefischt und 1 Exemplar von mindestens 80 cm am Tag gefangen werden. In der sonst reinen Fliegenfischerstrecke ist in dieser Wintersaison ausnahmsweise auch das Spinnfischen erlaubt, wobei die Mindestlänge des Köders volle 18 cm betragen muss.


Bisher besuchte ich die Kupa stets nur während der Forellen- und Äschensaison. Von der Absicht, dort Huchen zu fangen, hielt mich immer der Gedanke an eine ungemütliche und ja auch nicht ganz ungefährliche Winterfischerei bei Schnee- und Eistreiben mit spiegelglatt überfrorenem Ufergestein und tückischen Eisrändern ab. Doch dann wiesen mich meine kroatischen Vereinskollegen, die ich
mit Stolz mittlerweile zu meinen Freunden zählen darf, darauf hin, dass die meisten Huchen  ja gar nicht im dicken Winter sondern schon gleich nach Ende der Schonzeit im noch herbstlich bunten Oktober gefangen werden. Nachgewiesen wurde das durch aufregende Fotos und Berichte im vereinseigenen Internet-Forum. Als die Fischerfreunde mir für mein Vorhaben in selbstloser Weise  noch ihre Unterstützung in Rat und Tat zusagten, stand der Verwirklichung meines lang gehegten Traumes nichts mehr im Wege. So buchte ich die mir als Mitglied des Angelclubs SRU Goran jährlich zustehenden fünf Huchenfangtage für die Zeit vom 5. - 9. Oktober dieses Jahres.



Im Augenblick bin ich also mit den nötigen Vorbereitungen  für die bevorstehende,  besondere Angelreise beschäftigt. Einzupacken sind neben der üblichen Watausrüstung vor allem die  beiden 10 er Einhand- und Zweihand-Fliegenruten mit den bewährten Rollen von Hardy und Guideline. Dazu die größten Streamer meiner Sammlung, die aber allesamt nicht die erforderliche Länge von 18 cm erreichen und deshalb vor Ort noch nach dem Motto „aus zwei mach eins“ verlängert werden müssen.



Da sie ja in dieser Zeit erlaubt ist, und ich dem Purismus noch nicht gänzlich verfallen bin, nehme ich auch die kräftige 3 m lange, für bis zu 50 g Wurfgewicht ausgelegte Spinnrute mit. Um ehrlich zu sein, räume ich ihr sogar mehr Erfolgschancen ein als den sonst favorisierten Fliegengerten. Auf der robusten Stationärrolle, die von einer Auswahl heutzutage im Handel angebotener Blinker, Spinner und Gummifköder umgeben ist,  befindet sich eine nagelneue 35 er Schnur, die hoffentlich allen Beanspruchungen gewachsen sein wird.

Der neuartige Fischgreifer, der Gaff und Kescher ersetzen soll, liegt auch dabei.

Aber, wird er wirklich dann auch zum Einsatz kommen ? Was wird überhaupt geschehen?  Wird es den Fang meines Lebens geben - oder nur den großen Flop?  Nun, wir werden sehen!

Das November-Update wird davon berichten!


Fortsetzung: Der erste Versuch